Wie funktioniert ein Krankenhaus?
Der Stadtanzeiger Mosbach berichtet auch dieses Jahr wieder ausführlich über alle vier Vorträge der Kinderhochschule Medizin. Am 26. Juli, dem zweiten Vorlesungstag in diesem Jahr, ging es im Ärztehaus Mosbach um die Abläufe in einem Krankenhaus.
Jeder von uns weiß, dass es in einem Krankenhaus Patienten, Pflegeteams und Ärzte gibt. Und wir wissen auch alle, dass dort viele Geräte, Betten und Verbandsmaterial vorhanden sind. Was noch alles nötig ist, um das Funktionieren einer Klinik möglich zu machen, ist weniger bekannt. Priv.-Doz. Dr. med. Harald Genzwürker hat es seinen jungen „Studierenden“ im Ärztehaus Mosbach erläutert.
Auf die Eröffnungsfrage „Wer war von Euch schon einmal in einem Krankenhaus?“ gingen fast alle Arme blitzschnell hoch. Und der Mitteilungshunger war groß! Bei den vielen Gründen für die Krankenhausaufenthalte im Kindesalter gehörten „Arm gebrochen“ und „meine Oma besuchen“ zu den Favoriten. Zu Beginn des eigentlichen Vortrages erklärte Dr. Genzwürker, wie die Zusammengehörigkeit der Neckar-Odenwald-Kliniken mit den beiden Standorten Buchen und Mosbach zu verstehen ist. Nach dem Motto „Eine Klinik an zwei Standorten“ funktionieren die beiden Häuser unter dem gemeinsamen Dach des Neckar-Odenwald-Kreises. Der Landkreis ist also der Träger der beiden Einrichtungen sowie unter anderem der Geriatrischen Rehabilitation und des Bildungsinstituts für Gesundheits- und Krankenpflege am Krankenhaus Mosbach. Damit hat die Politik im Neckar-Odenwald-Kreis die Verantwortung für eine umfassende und ortsnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung übernommen.
Was ist ein Krankenhaus genau?
Danach stellte der Referent fest, dass die meisten Menschen, auch Kinder, eine Vorstellung davon haben, was ein Krankenhaus ist. Meistens seien diese Vorstellungen durch eigene Erfahrungen oder vom Hören-Sagen geprägt. Solche persönlichen Erfahrungen und Eindrücke würden aber nur selten zu einem umfassenden Gesamtbild führen. Herr Dr. Genzwürker schloss diese Wissenslücke und brachte das Leistungsspektrum von Kliniken auf folgenden Nenner:
Krankenhäuser, auch Klinik, Klinikum, Hospital oder Spital genannt, sind
- Einrichtungen, die ärztliche, pflegerische und medizintechnische Hilfe leisten;
- rund um die Uhr und jeden Tag im Jahr hilfsbereit;
- mit dem Auftrag ausgestattet, Leiden, Krankheiten oder Körperschäden festzustellen und zu heilen oder zu lindern;
- für die Geburtshilfe zuständig, dabei auch für das Wohlergehen von Müttern und neugeborenen Kindern;
- Einrichtungen, in denen medizinisch hilfsbedürftige Personen untergebracht und verpflegt werden.
Seit wann gibt es eigentlich Krankenhäuser?
Der Funktionsbeschreibung folgte ein kleiner Ausflug in die Geschichte. Dr. Genzwürker erwähnte, dass die alten Griechen „Aspklepios“ als Gott der Heilkunst verehrten und ab dem 6. Jh. v. Chr. bei Krankheiten das Heiligtum dieses Gottes aufsuchten. Sie hofften, dort im Schlaf Heilung zu finden. Erste Krankenhäuser der Römer sind für die Zeitenwende unter Kaiser Augustus verzeichnet. Und für eine der ersten Einrichtungen dieser Art, die für römische Legionäre errichtet wurden, gibt es noch Spuren im Rahmen des großen Römerlagers bei Haltern nördlich von Bochum. Diese frühen Krankenhäuser wiesen sogar schon 2- bis 3-Bett-Krankenzimmer, Bäder und Wasserspülung auf. Mit dem Zusammenbruch des Römischen Reiches wurde die Klostermedizin vom 6. bis 12. Jahrhundert zum Träger der medizinischen Versorgung. Klöster dienten dabei zur Unterbringung und Pflege von Kranken. Allerdings war die Krankenpflege in Klosterhospitälern völlig losgelöst von der Entwicklung medizinischen Wissens und Therapie. Diesbezüglich war der Orient im Mittelalter deutlich fortschrittlicher. So gab es in Persien um das 11. Jahrhundert schon Lehrkrankenhäuser zur Ausbildung von Ärzten. Dort wurden auch regelmäßige Operationen durchgeführt. Dagegen spiegelte sich das sogenannte „dunkle Mittelalter“ in Europa auch in einem Stillstand der Medizin und Krankenpflege wider. Krankenhäuser waren in erster Linie Orte der Verwahrung und Isolierung von Seuchenbefallenen, Kranken und Alten.
Neue Maßstäbe und den Anfang der medizinischen Neuzeit setzte ab 1784 die Eröffnung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien. Als eines der ersten europäischen Großkrankenhäuser hatte es 2.000 Betten. Das große Hospital in Wien war aus einem Armenhaus hervorgegangen.
Durch Achtsamkeit, mehr Hygiene und gezielte Ansätze der Behandlung zeigte sich hier die Sterblichkeit deutlich geringer als in anderen Krankenhäusern. Für die Weiterentwicklung der medizinischen Behandlung und Krankenpflege waren dann paradoxerweise große europäische Kriege des 19. Jahrhunderts die Ursache. Mit der Behandlung schwer verwundeter Soldaten standen Fortschritte der Anästhesie und Chirurgie in engem Zusammenhang. Auch die Professionalisierung der Krankenpflege erhielt durch Kriegsfolgen wichtige Impulse.
Die Modernisierung von Wirtschaft, Gesellschaft und Technik führte dann in der Folgezeit zum heutigen Stand der Krankenhäuser. Dabei zeigen sich in der jüngeren Zeit weltweit einige Charakteristika, zu denen die Zweiteilung in staatlich und privat geführte Krankenhäuser ebenso gehört wie die Spezialisierung der Krankenhäuser in bestimmte Fachgebiete oder Patientengruppen. Bezeichnungen, wie „Frauenklinik“, „Kinderklinik“ oder „Rheuma-Klinik“ geben dies zu erkennen.
Ans Ende dieses Ausfluges in die Geschichte stellte Dr. Genzwürker einige Zahlen zur heutigen Situation der Krankenhäuser in Deutschland. Er erwähnte, dass es in Deutschland derzeit ca. 2.000 Krankenhäuser aller Größenordnungen gibt.
Sie unterteilen sich gemäß der medizinischen Versorgungsmöglichkeiten in
- Kliniken der Grund- und Regelversorgung, die von allen Wohnorten aus schnell erreichbar sein sollen;
- in Schwerpunktkliniken, die sich auf bestimmte Fachgebiete spezialisiert haben;
- und in Kliniken der Maximalversorgung (Universitätskliniken), in denen Versorgungsleistungen in einem sehr hohen Spezialisierungsgrad angeboten werden.
Die Zahl von mehr als 1.000 Mitarbeitern zeigt, dass die Neckar-Odenwald-Kliniken in Buchen und Mosbach neben ihrer Funktion als medizinische Versorgungseinrichtungen auch ein bedeutsamer Arbeitgeber sind. Bundesweit arbeiten im Klinikbereich knapp 900.000 Menschen.
Medizinische Behandlung ohne Infrastruktur geht nicht
Dann folgten Ausführungen zum Aufbau und den einzelnen Funktionsbereiches eines Krankenhauses, wie man es in Buchen und Mosbach kennt. Dabei stellte Dr. Genzwürker zunächst dar, dass man bei der Unterteilung in medizinische und andere Leistungen, die zum Funktionieren einer Klinik beitragen, letztere manchmal zu wenig beachtet.
So stellte der Referent klar: „Wir brauchen für ein gut funktionierendes Krankenhaus nicht nur gute Mediziner/innen und Pflegerinnen, sondern viel mehr.“
Neben den Fachärzten von Disziplinen wie beispielsweise Allgemeinchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Anästhesie, Gynäkologie und Geburtshilfe wurden als Mitarbeiter von Krankenhäusern natürlich die Pflegerinnen und Pfleger genannt, dann aber auch Röntgen-Fachkräfte, Laborassistentinnen und -assistenten, Hygienefachkräfte, Physiotherapeuten, Mitarbeiter/innen des Sozialdienstes, Techniker/innen, Handwerker, Verwaltungsfachkräfte, IT-Experten, Köche und Küchenpersonal, Servicekräfte und Reinigungskräfte – alle mit ganz unterschiedlichen Qualifikationen und Aufgaben, aber alle wichtig für reibungslose Abläufe bei der Versorgung der Patienten.
Bei diesem Bericht aus dem „Bauch des Krankenhauses“ erlebte Dr. Genzwürker „...alle Veranstaltungsteilnehmer/innen hellwach und mit großem Interesse bei der Sache. Sie staunten nicht schlecht, als sie hörten, dass wir in den Kliniken auch über Notstrom-Aggregate verfügen, die man zum Beispiel für Operationen und intensivmedizinische Versorgung braucht, wenn der Strom ausfällt. Und bei der Aufzählung der vielen Aufgaben, die zum Funktionieren eines Krankenhauses erfüllt werden müssen, war für die jungen Studenten/innen auch gut nachvollziehbar, dass dafür viel Geld nötig ist.“
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